Compugraffiti
 
Alfred Tilp: Digitale Bilder
 
 
»Ich bin von Haus aus Grafik-Designer mit dem Schwerpunkt Schrift und Typografie, aber seit den 70er Jahren arbeite ich auch rein künstlerisch. In den letzten Jahren meiner Lehrtätigkeit beschäftigte ich mich sehr viel mit dem Computer, und irgendwann entdeckte ich auch die phantastischen Gestaltungsmöglichkeiten des Photoshops. So entstand eine Serie von digitalen Bildern, die ich 'Compugraffiti' nenne. Ich sehe sie als logische Weiterführung meiner 'Fotograffiti'; dabei hatte ich Dias direkt mit Schaber und feinen Filzern bearbeitet und anschließend mit dem Farbkopierer auf DIN A 3 vergrößert.
Graffiti als Ausdruck spontaner Emotionalität haben mich schon immer fasziniert, auch weil sie im Grunde anarchistisch sind. Sie haben auch viel mit flüchtigem Schreiben, mit Kritzeln zu tun. Ich arbeite gerne mit der Maus, die ich als Zeichenwerkzeug einsetze, wobei ich mich auf nur wenige Standardfunktionen beschränke. Vorher scanne ich Dias ein und verfremde sie mittels Filtern so weit, daß die Gegenständlichkeit kaum noch zu erkennen ist. Oft sind es Schnappschüsse aus meinem unmittelbaren Wohnbereich: Der Schreibtisch, das Spülbecken, eine Kellerecke voller Gerümpel­ keine ästhtetisierenden Arrangements, auch keine stilisierten Kompositionen, sondertn wie zufällig aufgenommene Bilder, die man im nächsten Moment wieder vergessen könnte.
In letzter Zeit verwende ich auch Fotos aus Werbe-Anzeigen. Schriftzeilen oder die zufälligen Pinselstrukturen vom Rand meiner Malstaffelei ('Rand-Bilder').
Der Computer hat mich zu einer anderen Sehweise verführt, einmal dadurch, daß man Fotos total verfremden und quasi entmaterialisieren kann, zum anderen durch die Möglichkeit, Bildebenen zu schaffen, die einander überlagern und durchdringen. Außerdem sind die Werkzeuge, mit denen man Linien ziehen kann, von einer ganz anderen Qualität wie Filzer und Malpinsel. Manchmal sind es auch zufällige Entdeckungen, die in eine visionäre Scheinwelt führen. Als Science-Fiction-Fan habe ich eine Vorliebe für andere Dimensionen.
Gibt es eine typische Computer-Ästhetik oder eine erkennbare Richtung innerhalb der digitalen Kunst? Vieles scheint mir heute allzusehr vom Intellekt bestimmt und stammt eher aus den Anfängen der Computertechnik. Ich meine, daß der Computer genau das macht, was der Künstler will und daß es unendlich viele Möglichkeiten des bildnerischen Ausdrucks gibt. Wer den PC allerdings als Ersatz für Pinsel und Kreide betrachtet, sollte besser beim Papier bleiben.
Meine Bilder kann man bis zum Format DIN A 0 plotten. In der Kunstszene hat die Computergrafik noch nicht den Stellenwert wie die Lithografie oder die Radierung. Aber auch bei der Fotografie dauerte es lange, bis sie von den arrivierten Galerien angenommen wurde.«
 


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